von Irma Erben-Sedlaczek (1879–?)

Leises Glück
Das waren Tage leisen Zaubers voll –
Die Worte tanzten, sonnenstäubchenzart,
Im goldnen Flimmerstreif von dir zu mir
Und blieben zitternd hängen in der Luft,
Aus Furcht, am eignen, lauten Klang zu sterben,
So fremd, so märchenfremd war ihr Art –
– – – –
Und unsre Seelen gingen Hand in Hand
Durch Gärten, die in weißen Träumen blühten, –
Und still in all dem Duft und Schimmer stand
Ein Engel Gottes, unsern Traum zu hüten.
Spätherbst
In heißem Prangen standen alle Gärten,
als unser Lieben zueinander fand.
Und heut, da wir zur Stätte wiederkehrten,
liegt tot und fahl und lichtberaubt das Land.
Es ist ja nicht, dass wir der Lieb vergaßen,
die über uns einst wie ein Wunder kam.
Es ist: dass alles, was wir je besaßen,
von unsrem Glück, dem selig unbeschwerten,
der Herbststurm fegte von des Lebens Straßen
und unsrer Herzen Blüte mit sich nahm.
Textnachweis
Leises Glück, aus: Allgemeiner Tiroler Anzeiger, 11. November 1911, S. 2.
Spätherbst, aus: Die Muskete, XXI. Jg. 1926, Nummer 23, S.536.
(Die Orthografie wurde der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst, die Interpunktion behutsam modernisiert. Offensichtliche Satz- und Druckfehler wurden stillschweigend ausgebessert.)
Titelbild
Detail aus: Olga Boznańska, Blick aus dem Fenster, 1900