von Marie Eugenie delle Grazie (1864–1931)

Ein blauer Falter gaukelt
Um einen Lindenbaum –
Der wiegt sich leis’ und schaukelt
Die Zweige wie im Traum,
Die blüh’nden Zweige.
Sie schwanken hin und wider
Vor einem Kämmerlein,
Drin liegt in weißem Flieder
Ein totes Kind … allein
In weißem Flieder.
Er fiel aus kleinen Händen
Herab wohl auf die Leich’ –
Die Sonn’ geht an den Wänden
So lautlos und so weich –
Der Tag rückt weiter.
Und mitten in dem Kreise,
Dem mag’schen Zauberring
Von Licht und Tod tanzt leise
Der blaue Schmetterling –
Im Kreis’ … im Kreise …
Textnachweis
Aus: Wiener Rundschau, Bd. 1, 1897, S. 290. (Die Orthografie wurde der neuen deutschen Rechtschreibung angepasst, die Interpunktion behutsam modernisiert. Offensichtliche Satz- und Druckfehler wurden stillschweigend ausgebessert.)
Titelbild
Detail aus: Mary Cassatt, Flieder in einem Fenster, um 1880
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